An Rhein und Ruhr. Immer mehr Bürger zeigen Falschparker beim Ordnungsamt an. Wo die Zahlen besonders steigen und wie viele Anzeigen fallengelassen werden.

Wer falsch parkt, kann für andere schnell ein Dorn im Auge sein. Mal wird die Grundstückseinfahrt blockiert, mal der Radweg, mal der Behindertenparkplatz. Ist gerade kein Ordnungsamt vor Ort, können Privatpersonen die Parksünder auch selbst anzeigen. Vorgemacht hat das vor wenigen Wochen ein junger Mann aus Sachsen-Anhalt. Der selbsternannte „Anzeigenhauptmeister“ geht regelmäßig auf die Jagd nach Falschparkern, hat schon tausende angeschwärzt und wurde damit zum Internetphänomen. Gibt es solche Menschen auch am Niederrhein? Und wie viel bewirkt die sogenannte Drittanzeige überhaupt?

Auch interessant

„Wir stellen fest, dass die Zahl der Bürgeranzeigen über die Jahre deutlich zugenommen hat“, schreibt Maximilian Böttner, Pressesprecher der Stadt Duisburg, auf Anfrage der Redaktion. Während bei der Duisburger Bußgeldstelle 2022 noch 608 Privatanzeigen bearbeitet wurden, waren es ein Jahr später 1348 – und der Trend setzt sich fort: Über die Onlineplattform „Weg.li“ wurden allein im ersten Quartal 2024 schon 785 Parksünder angezeigt. Eine App für Duisburg, mit der die Bürgeranzeigen noch leichter aufgegeben werden können, sei in Arbeit.

Weseler können Falschparker per App anzeigen

In Wesel gibt es eine solche App bereits. „Unsere Mängelmelder-App Meldoo wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen“, sagt Stadtsprecher Swen Coralic. Knapp tausend Anzeigen gingen im Jahr 2022 bei der Stadt ein, 2023 waren es mit 840 Anzeigen etwas weniger.

Welches Vergehen besonders häufig zur Anzeige gebracht wird? „Das unberechtigte Parken auf Behindertenparkplätzen. Oft melden sich auch Anwohner, deren Einfahrt zugeparkt wurde.“ Hobby-Verkehrswächter, die immer wieder Falschparker bei der Stadt anzeigen würden, seien in Wesel allerdings nicht bekannt.

In vielen deutschen Städten ist auch die App „Wegeheld“ nutzbar, um Falschparker zu melden.
In vielen deutschen Städten ist auch die App „Wegeheld“ nutzbar, um Falschparker zu melden. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Anders als in Dinslaken, Oberhausen und in Moers. Es seien zwar nicht viele, „aber es gibt schon ein paar Leute, die ihre Nachbarschaft genau beobachten und darauf achten, dass in ihrer Straße stets alle Regeln befolgt werden. Parkt jemand im Halteverbot oder zu nah an einer Einfahrt, melden sie das dem Ordnungsamt“, gibt Stadtsprecher Thorsten Schröder einen Einblick. Insgesamt wurden in Moers im vergangenen Jahr 501 Verstöße im ruhenden Verkehr nach einer Privatanzeige geahndet, im ersten Quartal diesen Jahres waren es bereits 193.

Anschwärzen und selbst kassieren

Auch in anderen Ländern können Bürger Falschparker anzeigen. In der schwedischen Großstadt Uppsala können Hobby-Parkwächter jetzt sogar Geld damit verdienen. Mit einer App können die Nutzer falsch geparkte Autos fotografieren und kinderleicht melden. Führt die Aktion zu einem Strafzettel, darf sich die Person, die den Verstoß gemeldet hat, über eine Prämie freuen: 100 schwedische Kronen, das sind umgerechnet knapp neun Euro.

Eingereicht wird noch mehr, doch die Stadt kann laut Schröder etwa 10 Prozent der eingereichten Anzeigen nicht weiterverarbeiten. Deutlich mehr Fälle fallenlassen müssen die Bußgeldstellen in Duisburg und Essen. Hier können nur rund zwei Drittel der Drittanzeigen weiterverfolgt werden. Woran liegt das?

Falschparker: Warum nicht jede Anzeige verfolgt wird

„Eingehende Drittanzeigen werden seitens des Ordnungsamtes genauso ernst genommen und mit der gleichen Sorgfältigkeit verarbeitet wie durch das Ordnungsamt selbst erfasste Verstöße“, versichert André Schahidi von der Stadt Düsseldorf. Doch nicht alle Anzeigen von Privatpersonen seien vollständig.

Es muss schließlich immer genau überprüft werden, ob der Angezeigte seinen Wagen tatsächlich rechtswidrig abgestellt hat. Dafür brauchen die Bußgeldstellen gute Beweisfotos, auf denen der Verstoß deutlich zu erkennen ist. Auch die genauen Daten der Tat, also Datum und Adresse, müssen in der Anzeige enthalten sein, um dem Parksünder einen Denkzettel verpassen zu können.

Parkt jemand im Halteverbot oder zu nah an einer Einfahrt, melden sie das dem Ordnungsamt.
Thorsten Schröder - über Hobby-Verkehrswächter in Moers

„Uns erreichen auch oft anonyme Drittanzeigen“, erklärt Coralic aus Wesel. „Aber wenn wir nicht wissen, von wem die Anzeige kommt, können wir die auch nicht weiterverfolgen.“ Immerhin kann der Angezeigte im Falle eines Bußgeldverfahrens Einspruch einlegen, die Privatperson müsste dann vor Gericht auch als Zeuge gehört werden können. Also sind anonyme Drittanzeigen vollkommen sinnlos?

Nicht ganz, meint Schröder aus Moers, denn die anonyme Anzeige könne trotzdem als Anregung dienen. „Wir reagieren auf jeden Hinweis. Kommen aus einer Straße plötzlich mehrere Anzeigen, kann es das Ordnungsamt als Anreiz nehmen, diesen Bereich selbst genauer zu untersuchen.“ Um sicherzugehen, dass die Anzeige verfolgt wird, sollte der Anzeigensteller aber stets alle wichtigen Angaben machen.

Mehr Autos, mehr Probleme?

Doch warum werden in so vielen Städten überhaupt mehr Falschparker gemeldet? Christian Seißer, Fachbereichsleiter Ordnung und Sicherheit in Kleve, hat eine klare Vermutung. Auch hier würden die Zahlen ansteigen, die Auswüchse des Falschparkens hätten allerdings generell stark zugenommen. Immerhin gebe es auf den Straßen auch immer mehr Autos, was besonders in den Wohngebieten zu Problemen führe.

In Dinslaken habe man aber schon die Beobachtung gemacht, dass sich die Situation in Problemzonen nach einigen Fremdanzeigen und Kontrollen durch die Stadt wieder entschärfen würde, verrät Stadtsprecherin Verena Barton.