Sankt Augustin/ Düsseldorf. Eine Schleuserbande soll an Chinesen gegen Geld Aufenthaltstitel verkauft haben. Am Donnerstag gab es weitere Durchsuchungen, auch in Mülheim.

Am Tag nach der Großrazzia in acht Bundesländern gegen eine international agierende Schleuserbande ist der Einsatz am Donnerstag mit weiteren Durchsuchungen fortgesetzt worden. 116 weitere Wohnsitze in diversen Städten in NRW sollten durchsucht werden, wie die Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen und die Bundespolizei mitteilten. Die Adressen sollen gegenüber den Behörden nur zum Schein angegeben worden sein, um für angebliche ausländische Fachkräfte unerlaubt Aufenthaltserlaubnisse zu erlangen, wie es hieß.

Bei einer groß angelegten Razzia gegen eine international agierende Schleuserbande waren am frühen Mittwochmorgen in Nordrhein-Westfalen zehn Menschen festgenommen worden. Mehr als 1000 Beamte durchsuchen seit dem frühen Morgen 101 Wohn- und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern, wie die Bundespolizei in Sankt Augustin gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Mittwoch mitgeteilt hatte. Der Schwerpunkt der Ermittlungen liege in Nordrhein-Westfalen. Unter anderem seien ein Rechtsanwalt sowie eine Rechtsanwältin festgenommen worden.

Luxus-Schleuser sollen bis zu 360.000 Euro für Aufenthaltserlaubnis in Deutschland kassiert haben

Die mutmaßliche Schleuserbande soll – unter Ausnutzung von Sonderregeln für ausländische Fachkräfte – rund 350 chinesischen Staatsangehörigen gegen Zahlung von fünf- und sechsstelliger Eurobeträge Aufenthaltserlaubnisse verschafft haben, hieß es. Bis zu 360.000 Euro kostete die Vermittlung einer Aufenthaltserlaubnis im Einzelfall, wie der ermittlungsleitende Staatsanwalt Hendrik Timmer in Düsseldorf sagte.

Weiter Durchsuchungen gab es in Hamburg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern gegeben. Dabei wurden auch Vermögenswerte sichergestellt, zudem wurde nach Beweismitteln gesucht. Laut „Bild“-Zeitung geht es auch um den Verdacht, dass Mitarbeiter von Ausländerämtern bestochen wurden. Insgesamt sollten 116 weitere Wohnsitze in Nordrhein-Westfalen durchsucht werden, wie die Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen und die Bundespolizei mitteilten. Bei den Orten handelt es sich demnach um Bergheim, Bonn, Düren, Düsseldorf, Frechen, Hürtgenwald, Inden, Jülich, Kerpen, Köln, Kaarst, Linnich, Meerbusch, Merzenich, Mülheim an der Ruhr, Ratingen, Solingen und Swisttal. Die Adressen sollen gegenüber den Behörden nur zum Schein angegeben worden sein, um für angebliche ausländische Fachkräfte unerlaubt Aufenthaltserlaubnisse zu erlangen.

An dem fortgesetzten Einsatz sollten am Donnerstag 600 Kräfte von Bundespolizei und Staatsanwaltschaft teilnehmen. Ziel sei herauszufinden, ob die mutmaßlich Geschleusten tatsächlich an den angeblichen Anschriften gewohnt haben.

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4936 Fälle von Schleusungen im Jahr 2022 registriert – Plus von 30 Prozent

Unter Einschleusen versteht man die Hilfe zur unerlaubten Einreise nach Deutschland, zumeist gegen Geld. Dabei geht es um Fahrdienste, falsche Dokumente, Reiseorganisation oder die Unterbringung. Die unerlaubte Einreise und der unerlaubte Aufenthalt sind nach Aufenthaltsgesetz strafbar. Wer sich hierzulande ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel aufhält, hat das Bundesgebiet zu verlassen. Für gewerbsmäßiges Einschleusen drohen Freiheitsstrafen zwischen einem und 15 Jahren.

Im Jahr 2022 haben Bundeskriminalamt und Bundespolizei deutschlandweit 4936 Fälle von Schleusungen registriert – ein Plus von knapp 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hintergrund ist der starke Anstieg irregulärer Migration nach Europa. Im aktuellen Lagebild Schleusungskriminalität von 2022 heißt es, die Täter agierten „sehr professionell und flexibel“, auch gebe es eine zunehmende Risikobereitschaft. (dpa)