Breda. Daisy heißt er, ist ein Roboter und schafft im Jahr 1,2 Millionen iPhones - und zwar bei der Demontage ausrangierter Smartphones.

Daisy ist fleißig, sie kennt keine Pausen oder Arbeitszeiterfassungsprogramme. 200 Einheiten pro Stunde, gleich 1,2 Millionen im Jahr, sind für sie kein Problem. Es muss nur genügend Material da sein. Daisy ist ein Roboter, er steht in Breda und sorgt für ein nicht ganz unbekanntes Unternehmen dafür, dass dessen Umweltbilanz besser wird. Der Name der Firma: Apple.

iPhone-Demontage in den Niederlanden: Standortvorteil zentrale Lage

Daisy gibt es weltweit exakt zweimal, eine Maschine steht in Austin/Texas, die andere auf dem Gelände eines Logistikers in Breda. Warum dort, warum überhaupt in den Niederlanden, diesem kleinen Land in Europa? Weil die Stadt in der Provinz Brabant, früher erster Sitz des Hauses Oranien-Nassau, zentral liegt. Von Breda aus ist es in viele europäische Nachbarländer nicht weit, Belgien ist nebenan, Deutschland sehr gut zu erreichen und viele andere Länder auch.

Vor Daisy gab es Liam. Der erste Demontage-Roboter des US-Technologieriesen, laut Frank Lenderink, Direktor für Umweltinitiativen bei Apple, nicht nach dem Sänger der britischen Band Oasis benannt, ging im Juni 2013 in Austin in Betrieb. Seine Aufgabe: iPhones auseinanderzunehmen, um möglichst viele der darin verbauten Rohstoffe dem Recycling zuzuführen. Liam 1.0 verrichtete seine treuen Dienste bis September 2014, sein Nachfolger Liam 2.0 ging im Januar 2015 in Betrieb und im Mai 2016 „in Rente“. Mit Daisy startete Apple dann in ein neues Zeitalter der Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe.

Direkt neben Daisy werden in Breda in den Niederlanden die wertvollen Rohstoff in Kisten gesammelt und getrennt zum Recycling gebracht.
Direkt neben Daisy werden in Breda in den Niederlanden die wertvollen Rohstoff in Kisten gesammelt und getrennt zum Recycling gebracht. © apple | apple

„Daisy trennt sauber die einzelnen Komponenten der iPhones, das war vorher so nicht möglich. Im herkömmlichen Recycling-Prozess werden verschiedenste Geräte zusammen geschreddert, sodass einige Materialien gar nicht wiedergewonnen werden können oder verunreinigt werden. Mit Daisy ist der Prozess viel genauer“, erklärt Frank Lenderink.

Herkömmliche Recyclingmaschinen wie Schredder, Hammermühle, Vibrationssieb, Trommel- oder Wirbelstromabscheider arbeiten entweder zu grob oder zu fein. Daisy kann viel mehr. 29 verschiedene iPhone-Modelle, vom Typ 4 bis zum iPhone 14, zerlegt der Roboter in seine Bestandteile. Mit anderen Apple-Produkten wie MacBooks geht das (noch) nicht, diese bestehen aber bereits zu etwa 50 Prozent aus recyceltem Material.

Apple fokussiert auf 15 Materialien, die beim iPhone und bei anderen Produkten vorrangig aus recycelten oder erneuerbaren Quellen kommen sollen:

  • Stahl (Chrom)
  • Aluminium
  • Titan
  • Kunststoff
  • Papier
  • Zink
  • Kupfer
  • Kobalt
  • seltene Erden
  • Tantal
  • Lithium
  • Wolfram
  • Zinn
  • Gold
  • Glas

Seit Jahren im Fokus von Umweltschützern ist dabei ein Thema: seltene Erden wie Kobalt – und wie sie gewonnen werden. Mehrfach musste sich Apple, aber auch andere Handyhersteller, in den vergangenen Jahren gegen Berichte wehren, nach denen in Afrika sogar Kinder die beschwerliche wie dreckige Arbeit in den Minen machen mussten.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwachen die Anlage.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwachen die Anlage. © apple | apple

Außerdem lässt Apple seine Handys nach wie vor unter anderem in China produzieren, die allermeisten bei Foxconn. Das bringt dem Unternehmen Kritik von Umweltorganisationen und Sozialverbänden ein. Aber: Die Bemühungen von Apple auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Fertigung seiner Produkte sind nicht von der Hand zu weisen. Dabei ist es umso besser, je mehr Menschen ihre aussortierten Geräte zurückgeben und nicht in irgendwelchen Schubladen parken.

Deutsche horten 210 Millionen Handys in Schubladen

Laut dem Branchendienst BITKOM horten Deutsche rund 210 Millionen alte Smartphones zuhause. Viele der Geräte könnten in zweiter oder dritter Hand weiter genutzt und zum Beispiel über Apple Trade In eingetauscht und sogar noch zu Geld gemacht werden. Funktioniert ein altes Smartphone gar nicht mehr, kann es über Apple recycelt werden. Davon könnte allerdings mehr kommen. „Wir haben festgestellt, dass nicht genügend Material zurückkommt“, weiß Frank Lenderink und fügt an: „Daisy hat eine Kapazität von 1,2 Millionen Geräten pro Jahr, die würden wir gerne bestmöglich nutzen, um die einzelnen Komponenten in den Wertschöpfungskreislauf zurückzuführen.“

Jedes iPhone besteht aus 15 verschiedenen wertvollen Materialien, darunter Kobalt, Nickel, Gold und seltene Erden.
Jedes iPhone besteht aus 15 verschiedenen wertvollen Materialien, darunter Kobalt, Nickel, Gold und seltene Erden. © apple | apple

Wohin Kobalt, Gold und so weiter gehen, sagt Apple nicht. Nur so viel: „Wir arbeiten mit hochspezialisierten Recycling-Unternehmen zusammen, die möglichst hier in der Nähe sind“, sagt Frank Lenderink. Wo dies nicht möglich ist, werden die gesammelten Rohstoffe verschifft.

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Wie viele iPhones genau in Breda und Austin auseinandergenommen werden, um möglichst viel wiederverwerten zu können, wird nicht verraten. Bisher kann Daisy nur iPhones demontieren. Apple bietet aber an, die Patente zu Daisy kostenlos zu lizenzieren und möchte damit auch andere Handyhersteller zum Recyceln ihrer Produkte inspirieren.

Von Breda, mitten in den Niederlanden, sind viele andere Länder schließlich perfekt erreichbar.

Nächste Generation

Nach Daisy kommen Dave und Taz: Der neue Recyclingroboter Dave zerlegt die Taptic Engine des iPhones, um wichtige Materialien wie Magnete aus Seltenen Erden und Wolfram besser rückzugewinnen. Taz, eine Maschine, die eine neue Shredder-ähnliche Technologie einsetzt, um Magnete aus den Audiokomponenten zu trennen und mehr Seltene Erden zurückzugewinnen, ist der jüngste in einer Reihe von Fortschritten beim Apple-Recycling.

Im Jahr 2022 hat das Unternehmen weltweit mehr als 40.000 Tonnen Altgeräte durch Kunden- und Mitarbeiterprogramme dem Recycling zugeführt.